Die Hoffnung darauf, dass 2021 ein bisschen ärmer an Katastrophen und Drangsalen werden möge als das vergangene Jahr, ist angesichts der aktuellen Pandemie-Entwicklungen etwas Positives, was viele Menschen verbindet. Im gleichen Atemzug muss allerdings bemerkt werden, dass sich diejenigen gesellschaftlichen Zustände und Strukturen, die sich in der aktuellen Krise verschärft haben, schon sehr lange durchhalten und nicht erst durch das Virus entstanden sind. Auch mit dem Ende der Pandemie werden selbige nicht aufhören, Drangsale und Katastrophen zu zeitigen.

Laut dem Philosophen und Soziologen Theodor W. Adorno ist eine der Voraussetzungen des Rechtsradikalismus die politisch-ökonomische Tendenz, dass Kapital sich nicht gleichmäßig unter den gesellschaftlichen Akteur*innen verteilt sondern auf wenige Stellen konzentriert. Die Bundes- und Länderpolitik hat auch in der Coronakrise ihr Möglichstes dafür getan, dass sich trotz der vielen notwendigen Maßnahmen, die getroffen wurden, an dieser Tendenz nichts ändert: „BMW verkaufte im abgelaufenen Quartal 9 Prozent mehr Autos als vor einem Jahr und steigerte seinen Gewinn sogar um 17 Prozent auf 1,82 Milliarden Euro.
Eine weitere Voraussetzung des Rechtsradikalismus ist nach Adorno die permanente Möglichkeit der Deklassierung bürgerlicher Schichten und deren damit einhergehende Abstiegsangst. Auch für eine Zuspitzung dieses Problems finden sich in den letzten Monaten reichlich Beispiele:
Die Appelle politischer Amtsinhaber*innen an Eigenverantwortung und Solidarität sowie das vorgeschützte Verständnis in den Verkündungen, es seien für alle gleichermaßen schwere Zeiten, fügen sich nahtlos in diese Politik. Kapitalismus in der Coronakrise heißt: Die Fortsetzung des Werkbetriebs trotz Lockdown sowie Zahlungen an milliardenschwere Konzerne bei gleichzeitiger Delegierung der Verantwortung für die steigenden Infektionszahlen an die Einzelnen (#stayathome), die oftmals in Ungewissheit über ihre berufliche Zukunft leben.
Was diese Politik hinsichtlich der Entwicklung rechtsradikaler Tendenzen in der Gesellschaft bedeutet, ist im Einzelnen noch nicht abzusehen. Sollte Adorno mit seinen Überlegungen allerdings recht haben, reicht es nicht aus, darauf zu hoffen, dass Rechtsradikalismus sich von selbst erledigt…

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